Freitag, Februar 08, 2008

Do it again, McCain!


Es gibt wohl kaum einen Kandidaten bei der diesjährigen Wahl zum Präsidenten der USA, der von so vielen Medien, den Demokraten und der eigenen Partei angefeindet worden ist wie der Vietnam-Veteran McCain.

Und gerade deshalb mag ich ihn.

Selten ist ein Mann mit einer so großartigen Vita wie er in einer dermaßen miesen Art und Weise angegangen worden - auch jetzt in den Primaries ; sowohl von seinen rechtskonservativen „Freunden“ als auch von den „Demokraten“ - was auch immer man sich unter Demokraten im Dunstkreis von Washington vorstellen mag.

Mir geht die Hutschnur hoch, wenn ich konstatiere, wie man ihm übel nimmt, dass er als abgeschossener Jet-Pilot im Vietnamkrieg unmenschlich leiden musste, als er das berüchtigte „Hanoi-Hotel“ (Davon gibt es natürlich keine Bilder, logisch) überlebte, damals als schwer körperlich und psychisch geschädigter Kriegsgefangener entlassen, und wenn er sich heute gegen Foltermethoden einsetzt und gleichzeitig aber beispielhaft darauf verweist, wie schlimm es ihm selbst erging.

Sein Axiom, die amerikanische Politik weiterhin konsequent darauf auszurichten, den Killer Osama bin Laden ausfindig zu machen und gleichzeitig die Menschenrechte einzuhalten, ist für mich an Glaubwürdigkeit nicht mehr zu übertreffen und ich finde das überaus sympathisch. Ich glaube ihm, weil er selbst jahrelang unter unsäglichen Schmerzen durch die Folter der Vietcong immer daran geglaubt hat, dass er freikommen wird.

Er bezeugte damals: „Mein Gaube an Gott, die Gewissheit, dass man mich nicht vergisst und dass die USA mich irgendwann aus dieser Hölle herausholen wird.“

Sollte das jetzt alles vergessen sein?

Es war wohl von all’ jenem ein wenig, was ich oben angesprochen habe und wie er es selbst sagte, - "wenn man an Gott, die Vereinigten Staaten und an die Freiheit glaubt." (O-Ton McCain).

Ein Mann, der so viel (grauenhafte) existentiell schlimme Erfahrungen durchgemacht hat, der heute seine Arme zum Jubeln (wegen der Foltern damals) nicht mehr heben und nicht mehr richtig laufen kann, weil seine Beine von den Vietcong zerschmettert wurden, hat meinen größten Respekt, wenn er sich für das höchste Amt der Welt bewirbt.

Nein, nicht nur meinen, sondern von allen, die auf der Seite der USA und der Seite der Freiheit der Welt stehen. Den "Respekt" der anderen braucht er nicht.

Für mich ist er schon jetzt ein zweiter Roosevelt. Und man unterschätzt ihn (bis jetzt) grandios. Meine ganz große Anerkennung und Zustimmung hat er.

Doch nun kurz zu den Herausforderern, und danach noch einmal zum persönlichen Schicksal McCains:

Wenn jemand als Alternative auftreten kann, dann Hillary Clinton. Nicht, weil sie einen größeren Apparat hinter sich hat. Nein. Sie kann in Fragen der nationalen Sicherheit - und das ist entscheidend - Demokraten und Republikaner hinter sich versammeln; vielleicht auch wegen des Bonus’, den sie von ihrem Mann aus der Amtszeit davor hat - sicher aber, weil sie die größere Sachkompetenz im Vergleich zum Rhetorik-Akrobaten Obama hat. Ich könnte sie also als Präsidentin noch relativ „verschmerzen.“

Zu Barack Obama: meiner Meinung nach ist er ein gigantischer Blender und Populist.

Warum?

Der „Vergleich“ (In den Medien) mit Kennedy hinkt gewaltig, weil Obama sich nur auf vage Visionen Kennedys beruft, aber nicht daran anknüpft bzw. etwas Neues darauf aufbaut. Er bietet keine neuen Ansätze, was die amerikanische Innenpolitik (Gesundheitsreform z.B.) betrifft. Das ist sein größter Schwachpunkt.

Das Gerede um seine muslimische Tradierung ist übrigens Unsinn. Daniel Pipes hat das sauber aufgelöst. Durchgeknallte "Islamkritiker" in Europa sollten sich das Thema endlich abschminken, wenn sie in Zukunft noch ernst genommen werden wollen.

Obama hat aber einen weiteren entscheidenden Nachteil: Er bezieht nicht eindeutig Stellung zu den amerikanischen Grundwerten des „Pursuit of Happiness“, die das Selbstverständnis der amerikanischen Nation ausmachen.

Er lässt das offen, weil er die "amerikanische Frage" per se in Frage stellt, wenn er die Internationalität des amerikanischen Kontinents in Frage stellt. Beispiel: Seine Haltung zu den Latinos. Das ist er in höchstem Maße unglaubwürdig.

Es wäre das erste Mal in der Geschichte, dass jemand so brutal Essentials der amerikanischen Lebensweise infrage stellt und einen Kontinent ideologisch teilt - ganz abgesehen davon, dass Obama (ungerechtfertigterweise) die Schwarzen versucht, auf seine Seite zu ziehen, die normalerweise Clinton wählen würden.

Sehr bedenklich.

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Ich will noch einmal auf McCain zurückkommen. Der ist für mich wichtiger:

Bei den Fernsehaufnahmen sieht man immer wieder, dass seine linke Gesichtshälfte angeschwollen ist.

McCain musste sich an dieser Stelle einigen komplizierten Operationen unterziehen. Schlimm genug. Aber der Krebs war bösartig und McCain kämpfte dagegen bisher erfolgreich. Was ich damit sagen will: Er hatte so viel Leid in seinem Leben zu ertragen und sich durch seinen Glauben immer wieder nach vorne gekämpft.

Für mich ist er ein Beispiel dafür, dass Menschen ein Segen sein können, wenn sie durchhalten und ihrer Linie treu bleiben, auch wenn sie durch die Hölle gehen müssen.

Sonntag, Februar 03, 2008

Ein guter Zeitpunkt


…für saubere Argumentation

Sulaiman Wilms schreibt in seinem Kommentar in der Islamischen Zeitung (iz) vom 30.01.08, dass „die Frage nach den muslimischen Jugendlichen ein Indikator für die Spiritualität der Muslime in Deutschland“ sei, was auch immer darunter zu verstehen ist.

Schon das Eingangsstatement machte mich stutzig. Welche Spiritualität meint der Konvertit Sulaiman Wilms, bei dem man wohl annehmen darf, dass er wie viele zum Islam übergetretene Westeuropäer einen religiösen Eifer an den Tag legt, der selbst bei geborenen Muslimen Kopfschütteln hervorruft? Und das will was heißen, nicht wahr?

„Jetzt wäre ein guter Zeitpunkt“, so titelt Wilms, um sogleich die Argumentationsrichtung vorzugeben, die einem Muster folgt, das (leider wieder einmal) generalisierend die Opferrolle für sich, respektive die islamische Welt und die Community in Deutschland schlechthin reklamiert. Oder wie soll man es sonst verstehen, wenn Wilms in seinem Eingangsstatement von einem „Angriff aus dem Äußeren“ spricht? Leider lässt uns Herr Wilms auch mit der Beantwortung der Frage allein, wie die „Konzentrierung auf das Innere“ auszusehen hat. Meint er spezifische Frömmigkeits- oder Meditationsformen oder eine orthodoxe Auslegung des Koran und seine damit meistens verbundene simple Rezitation und die gesellschaftspolitischen Konsequenzen und Probleme, die oft daraus entstehen?

Sulaiman Wilms hat - wie hin und wieder jeder von uns - die „Umstände als Ungleichgewicht zwischen Innen und Außen, zwischen sichtbarer und unsichtbarer Welt“ für sich in Anspruch genommen. Aber in welcher Hinsicht? Er beklagt, dass „seit Ende Dezember Migranten, und insbesondere die Muslime unter ihnen, mit dem Vorwurf konfrontiert“ seien, dass „ihre junge Generation per se eine Bedrohung für unser Gemeinwesen darstelle“. Zweifellos hat Sulaiman Wilms Recht, wenn er indirekt reklamiert, dass dieser Vorwurf im Allgemeinen und bei genauerem Hinsehen so nicht aufrecht zu erhalten ist (und "per se" schon gar nicht), und wenn er sich (nehmen wir das einmal an) für Migranten stark macht, dann ist daran überhaupt nichts auszusetzen - im Gegenteil. Doch muss man ihm entschieden widersprechen, wenn er quasi sämtliche Formen der Islamkritik in der Begrifflichkeit des „orientierungslosen Neokonservatismus' Deutschlands“ bündelt und sie als „Plattformen“ zu beschreiben versucht, die, so seine simple Milchmädchenrechnung, „aus einem allgemeinen gesellschaftlichen Problem“ ihre seiner Ansicht nach zweifelhafte Legitimation zu beziehen scheinen.

Was Wilms hier betreibt könnte man beim ersten „Drüberlesen“ schnell übersehen: Er wirft sämtliche Islamkritiker unterschiedlichster politischer Couleur in einen Topf, rührt etwas darin herum und präsentiert als Ergebnis: „Seht her, alle Islamkritiker sind“ - weil Gegner des Islam - „Feinde aller muslimischen Menschen und der Migranten im Allgemeinen.“ Er bedient sich dabei exakt der gleichen Masche wie seine Gegner im Lager rechtsaußen, die unter Islam „Muslime = schlechte Menschen und Migranten alle raus“ subsumieren. Vereinfachende Formulierungen allerorts.

Die Spitze setzt Wilms aber dann drauf, wenn er vom Islam als „imaginiertem Feind“ spricht. Eigentlich ein billiger Kunstgriff, aber auch hier könnte man beim Lesen ins Stolpern geraten: Die suggestiv in Szene gesetzte Formulierung soll den Eindruck erwecken, dass sämtliche Kritik am (politischen) Islam als Ergebnis eines gestörten Verhältnisses zu einer doch „durch und durch guten Religion“ zu werten ist und die Kritiker sich bitte fragen sollten, ob sie sich nicht Halluzinationen hingäben und ein Feinbild aufbauten, denn merke: „Kritik am (politischen) Islam bedeutet feindseliges Verhalten gegenüber den Muslimen“, so die unausgesprochene Botschaft Wilms und der Mehrzahl aller islamischen Intellektuellen und Konvertiten, ob sie ehemaliger deutscher Botschafter sind oder Sulaiman Wilms heißen.

Dass diese Methode immer wieder erfolgreich praktiziert werden kann, liegt zu einem wesentlichen Teil daran, dass die politische Variante der islamischen Doktrin es meisterhaft beherrscht, auf der „Was-seid-ihr-doch-schuld“- Klaviatur zu spielen, deren Partitur dem Westen spätestens seit dem 11.09.2001 und jedem folgenden Anschlag danach permanent als Philippika um die Ohren gehauen wird, nachdem man eben wieder eine Bombe im Namen Allahs und seines Propheten hochgehen ließ und in Erklärungsnöten steckt. Aus dem
„Was-seid-ihr-doch-schuld“ wird dann ein "Was-sind-wir-doch-schuld" vieler westlicher Intellektueller in Leitartikeln, Sonntagsreden und politischen Entscheidungen. So lässt sich auch der Umgang der westlichen Gesellschaften mit den (originär!) islamisch motivierten Terrorangriffen in den Jahrzehnten davor besser verstehen, dachte man doch noch in den 1990er-Jahren allen Ernstes, dass die Terroranschläge z.B. des vor kurzem verstorbenen Terrorführers George Habash in erster Linie marxistisch (!) oder antiimperialistisch motiviert waren. Das „Lebenswerk“ Habashs fand übrigens entsprechende „Würdigung“ durch „kompetente Verehrer“.

Doch zurück zu Sulaiman Wilms: Er greift wieder den (Ariadne-) Faden auf, den er zu Beginn seines Kommentars ausgelegt hat: Da es „um die Zukunft als Muslime in Deutschland“ geht, müssen der „Entwicklung und spirituellen Ausbildung unserer Jugend“ Rechnung getragen und „entsprechende Maßnahmen“ ergriffen werden. Und wieder bleibt Wilms die Antwort darauf schuldig, wie dies abzulaufen hat. Fehlt es an der Pädagogik? Denn die, so konstatiert der "IZ"-Autor, „gehört nicht zu den am weitesten entwickelten Wissenschaften des islamischen Kanons“, um aber sofort zurückzurudern und zu versichern, dass es „nach Ansicht von heutigen Gelehrten nicht an einem Mangel an Wissen um die erfolgreiche Erziehung von Kindern“, sondern - und jetzt kommt’s - am Fehlen einer „funktionierenden muslimischen Gemeinschaft“ liegt, in der gesunde (sic) Kinder und Jugendliche heranwachsen können.

Nun wird wohl kaum jemand, der noch halbwegs bei Trost ist und das Grundgesetz kennt, den Muslimen ihren Glauben verbieten wollen (können), aber bei so viel Gesundheitsvisionen muss Herr Wilms sich schon die Frage gefallen lassen, ob und welchen politischen Raum diese von ihm beschworene islamische Gemeinschaft in unseren Gesellschaften einnehmen will. Wobei sich die Umma darüber im Klaren sein sollte, dass „Ob“ und „Welchen“ weiterhin sehr kritisch hinterfragt werden müssen, wenn die Verfassungstreue der islamischen Gruppierungen nicht eindeutig geklärt und gelebt wird.